Montag, 5. Oktober 2009

Die Knolle schlaegt Wurzeln

Nun ist es soweit, hier kommt die erste Nachricht aus den weiten Ugandas. Die Weiten trifft es auch ganz gut. Nach 2 Wochen(mittlerweile 6,Anm. Der Red.) habe ich mich hier so langsam eingelebt, obwohl es natürlich noch viele neue Sachen zu entdecken gibt. Mit anderen Worten die Knolle fängt an Wurzeln zu schlagen, da es noch genug Platz gibt in der Artenvielfalt der ungandischen Natur. So strecke ich meine Wurzeln zwischen denen der fruchtig riechenden Mangobaeume, denen der imposanten Avocadobaeume und der vielen anderen Pflanzen die es hier noch zu finden gibt. An erster Stelle sind dort sicher die vielen kleinen Bananen- und Ananasplantagen zu nennen, die sich hier im Bushenyi district auf den hügligen Landschaften erstrecken. Jedoch sind auch diese Hügel nicht etwa normale Hügel, wie sie auch in Europa anzutreffen sind, sondern gleichen sie eher grossen wohlgeformten Brüsten, die sich von einem kurvigen Frauenkörper sanft emporstrecken. Sie ragen steil und trotzdem schwungvoll aus der Landschaft heraus und ergeben so eine Harmonie, die mich zwangsweise an Silhouetten von weiblichen Körpern erinnert. Auch sind alle so verschieden und einzigartig, dass man fast sagen könnte von Pamela Anderson bis Naomi Campbell, von schlanker bis schwangerer Frau ist alles vertreten. Diese Artenvielfalt ist das erste, was mir hier aufgefallen ist, ob sich diese nun in der Landschaft, der Pflanzenwelt, dem Tierreich oder im Kulturbereich darstellt. Es gibt hier so viele Tiere wie Landschaften, so viele Landschaften wie Pflanzen und so viele Pflanzen wie Sprachen.
Die Tiere. Ich habe hier schon auf der Busfahrt, nach Rukararwe(www.rukararwe.kabissa.org), dem Projekt in dem ich hoffentlich bald richtig anfangen werde zu arbeiten(in dem ich arbeite, Anm.der Red.), Antilopen und Zebras neben der Strasse gesehen die ich bisher nur aus dem Zoo kannte. Sie kamen wahrscheinlich aus dem nahe gelegenden Nationalpark, auf der Suche nach ein paar Tropfen Wasser, da die ungewöhnlich lange Trockenzeit viele Teile Ugandas in einen relativ farbloses Stück Land verwandelte. Man muss sich “vor Augen” führen, dass Uganda, zumindest der Süden, sonst in einem Grün aufblüht, welches so intensiv vor Frische strahlt, dass einem fast die Augen schmerzen und das vor dem Grün Bayerns keinen Vergleich scheuen muss, da es farblich vielfältiger ist und sich nicht nur über fünf,sechs Monate estreckt.
Zum Glueck hat jetzt aber wieder die Regenzeit mit ihren tosenden regenfaellen eingesetzt, so dass sich die Flora wieder erholt und das Grün seinen alten Glanz wieder bekommt, ein Schauspiel das sich hier zweimal im jahr abspielt.*1
So freuen sich auch die Tiere darüber, was man reichlich hören und sehen kann. Das melodiöse Vogelgezwitscher, wechselt sich ab mit freudigem Grillenzirpen, dem Rascheln und Summen der anderen Insekten. Dazwischen ertönt manchmal ein brunftiger laut eines Ochsen, oder das Gemecker einer Ziege.*2
Auch für die Augen ist diese Freude wahrnehmbar. Die verschieden farbigen Vögel, von denen ich noch keinen zuvor gesehen habe, drehen ihre Kreise in der Luft, fliegen spielerisch umher und lassen sich dann wieder fuer kurze Zeit auf einem der vielen verschiedenen Bäume nieder. Die Bäume sind auch der Grund ,warum es hier bei uns im Projekt so viele verschieden Vogelarten gibt, teilweise Arten die sich in dieser Gegend nur in unserem Projekt ansiedeln, da Rukararwe auch einen kleinen, vielleicht 10000qm grossen Wald umfasst.
In diesem Wald werden verschiedenste Bäume angepflanzt um eine gewisse Biodiversitaet zu erhalten, bzw. zu entwickeln, die einzigartig in dieser Gegend ist. Aus dieser Vielfalt wird dann auch noch medizinisch Nutzen gezogen. Ein Musterbeispiel von Projekt also, da es einerseits die Pflanzenvielfalt, gerade auch die indigener Pflanzen fördert und andererseits die traditionelle Medizin Ugandas unterstuetzt. Verbunden mit der Erforschung beider Bereiche, zum Nutzen der Bevölkerung und nicht der Pharmaindustrie ist dies ein wunderbares Beispiel nachhaltiger “Entwicklungshilfe”.
Des Nachts werden die Vögel dann leiser und die Grillen fangen mit ihren lauten Paarungsrufen an. Zu diesem Zirpen kommt dann noch verschiedenartiges Glucksen, welches sich eher anhört als würde es von einem bauchkranken Musongo(Weissen) kommen als von irgendeinem Tier.

Bauchkrank bin ich hier noch nicht geworden, dass heisst ich bereue es noch nicht keine Zeit mehr gehabt zu haben, die Kohletabletten zu kaufen.
Obwohl ich natuerlich aus Neugierde alles probiere was sich meinen Augen bzw. meinem Magen anbietet…und das ist bei Leibe nicht wenig. Von ugandischen Crepes(Chapati) bis zum gegrillten Ziegenfleisch vom Strassengrill kann man hier so ziemlich alles finden, obwohl böse Zungen behaupten, dass die Küche hier ganz schoen fad und nicht abwechslungsreich sei.
Und jetzt nach mittlerweile schon fast drei Wochen (6 Wochen, Anm. D. Red. - ja natürlich habe ich es nicht geschafft diesen Brief an einem Stück zu schreiben) denke ich , dass in diesen bösen Zungen vielleicht doch ein Stück Wahrheit steckt.
Hauptnahrungsmittel sind hier Matoke, ein weicher ungewürzter Essbananenbrei, Millet, ich würde es mal vorsichtig ungewürzten Hirsefladen nennen, Posho, ungewürzter weisslich schimmernder Maisbrei, sowie Reis und Bohnen, die einen Hauch von Würze erahnen lassen. Wie man an den Beschreibungen erkennen kann, ist hier die Gewürzkultur nicht weit verbreitet, bis auf das Chilipulver, dass zu jedem Essen gereicht wird.
Jedoch habe ich festgestellt, dass Gewürzfreiheit nicht mit Geschmackslosigkeit gleichzusetzen ist, da diese ganzen Gerichte einen unverkennbaren, leicht vom Rauch geprägten Geschmack haben, der fuer europäische Zungen erst Gewöhnungsbedürftig ist. Dieser leicht im Gaumen kratzende, unverkennbare Geschmack, rührt daher, dass alle Leute ihr Essen auf einem kleinen, aus Ton gefertigten, einem kleinen Hocker ähnelnden Herd kochen, der mit Holzkohle betrieben wird, die es hier an so mancher Strassenecke zu kaufen gibt.
Neben den Hauptnahrungsmitteln gibt es aber noch viele andere Köstlichkeiten, die dann eher zu besonderen Anlässen, wie Hochzeiten, Abschieden etc., gegessen werden.

Hochzeiten, das war auch erstmal mein prägendstes Erlebnis hier in Uganda, da Alfred ein Mitarbeiter von Rukararwe, 2 Wochen nach meiner Ankunft geheiratet hat. Das heisst viel tara und tärä. Am Morgen sind wir ersteinmal losgefahren, alle in den schicksten Klamotten, um die Braut aus ihrem zuhause abzuholen bzw. abzulösen.
Selbst ich hatte ein weisses Hemd und Anzugshose an, was schon nicht so selbstverständlich ist. So sind wir dann mit so vielen Autos, wie wir nur auftreiben konnten, zum Schluss waren es wohl an die zehn, im Konvoi durch die hüglige Berglandschaft gefahren , bis wir schliesslich, nach endlosen passierten Bananenplantagen, zu drei kleinen, hinter Bananenbaeumen versteckten Lehmhäusern gelangten.
Dort angekommen wurden wir ersteinmal vom Bruder der Braut empfangen und so gleich zum Platznehmen, in einem dieser drei Häuser aufgefordert. Nachdem wir uns die Hände vor dem Haus gewaschen hatten, nahmen wir an einem reich gedeckten Tisch Platz, eine besondere Ehre für uns, da nur ca. 8 Plätzein der kleinen Lehmhütte vorhanden waren.
Wir fingen nun an das gekochte Rinderfleisch zu essen, wobei wir als Beilage die erwähnte Matoke und das Millet zu kleinen Schälchen, mit den vorher frisch gewaschenen Händen, formten. Diese Schälchen wiederum füllt man dann mit der Suppe in der das Fleisch gekocht wurde.
Nachdem wir nun alle aufgegessen hatten und uns wiederum die Hände gewaschen hatten, denn man is(s)t hier sehr reinlich und wäscht sich oft die Hände, eine Gegebenheit an die ich mich, der, der mal eben so schnell nen Falafel in sich reinschlingt, ohne vorher nur nen gedanken an Hygiene zu verschwenden, noch gewöhnen muss.
Kulturelle Anpassung braucht eben noch so seine Zeit.
Danach wurden wir in einen geschmückten Hof geführt, in dem dann lange Reden gehalten wurden, deren Inhalt ich mir, wegen mangelnder Runyankolekenntnisse, übersetzen ließ bzw. schlichtweg nicht verstand.
Dann die Braut...der Moment auf den alle mit Spannung hinfieberten. Sie wurde von ihren nächsten weiblichen Verwandten mit Gesang in die illustre Runde eingeführt. Dabei hatte sie ein wunderschönes weisses Brautkleid an, welches im herrlichen Kontrast zu ihrer ebenholzschwarzen Haut stand. Dabei fällt mir auf, habe ich überhaupt schon erwähnt das hier alle Leute schwarz sindJ, in allen Varianten die das Farbspektrum der Haut erlaubt...aber dazu später mehr.
Die Frisur war für diesen speziellen Tag natürlich auch speziell hergerichtet, so dass ihre Haare aussahen als ob ihr schwarz glänzende Rosenranken bis zu den Augenbrauen glitten.
Nun war also die Braut eingeführt und es konnte weiter zur Kirche gehen, das hieß nun, dass alle Leute die zum Haus der Braut gekommen waren, wieder in die Autos mussten, aber diesmal mit den Verwandten der Braut, die natürlich auch noch mitwollten. So wurde es eine kuschlige Fahrt durch Bushenyi und Umgebung, bis hin zur Kirche, wobei kräftig gehupt wurde und ständig in kleinen Schlängern gefahren wurde, so dass man nicht gerade unglücklich war als man aus dieser hupenden, vollgepackten Waschmaschine wieder aussteigen konnte.

Nun waren wir bei dem Haus des Bräutigams angekommen, wo es nun nochmal reichhaltig Köstlichkeiten gab. Mit dem vollen Bauch ging es nun, Gott sei dank, Jah bless, auf das Grundstück des Bräutigams, auf dem schon so ca. 200 Stühle unter grossen, weissen Zelten herrgerichtet waren. Was nun folgte war eine Reihe von Entertainment, von Playbacksängern bis zu kleinwüchsigen Showmastern und Comedyspezialisten, bis hin zu den gefühlvollen Reden der Verwandten und des Paares, denen ich nur schwer mit Hilfe einiger fleissiger Übersetzer folgen konnte.
Schlussendlich, nach dem man das köstliche, aber auch massenhafte Essen im Sitzen verdaut hatte eröffnete das Brautpaar den Dance...undzwar echt.
Nach einigen traditionellen Liedern wurde geilster dancehall reingekloppt, so dass ich meinen Ohren nicht traute. Nach dem ich jedoch zum DJ-Pult schaute und mir auch meine Augen sagten, dort stand nämlich bestes Diskoequipment, dass ich auf einer Hochzeitsparty gelangt war, auf der feinste Dancehall „from Jamaica straight to Uganda“ Mucke gespielt wurde.
Doch meine Begeisterung legte sich dann langsam, als ich merkte, dass die Leute, die von den Dörfern kamen, um mitzufeiern, nur Kerle waren...nur Kerle. So geile Mucke und dann anstatt nica Frauenbooties nur Kerle...nur Kerle, die dann auch noch alle auf meine Freundin scharf waren, obwohl ich echt so eng umschlungen mit ihr tanzte, dass dies keine Zweifel offen liess...
aber anscheinend wohl doch und die Zweifel stiegen komischerweise mit dem Konsum, kleiner mit durchsichtiger Flüssigkeit gefüllten Plastiksäckchen. Da man sich hier nämlich nicht immer gleich eine ganze Flasche Alkohol leisten kann, wird hier Wodka und Gin in 100ml fassenden Plastiktütchen abgefüllt. So hatten wir beide nicht mehr wirklich Bock und verliessen die Party so gegen 12, die wohl aber noch bis in die Morgenstunden ging. Dieses Erlebnis hat mir ein wenig die Lust auf Dorfpartys vertrieben, da es doch schon schön ist auch mal wohlgeformte Frauenkörper in der tanzenden Masse zu erspähen.
In Brandenburg sieht das aber wahrscheinlich ähnlich aus, bloß ist da auch noch die Mucke grottenschlecht. So fiebere ich nun meiner ersten Party inna Stadt oder in nem Studentenclub entgegen oder einem Konzert der vielen ugandischen Reggaeartists, die es hier so gibt.

So jetzt habe ich aber genug vonna Freizeit geschrieben und da ich ja für mein Praktikum hier bin, will ich auch ein bißchen von diesem Teil meines Lebens schreiben. Aufwachen tue ich hier jeden morgen in einer runden, spartanisch eingerichteten Hütte mit meiner Freundin, was oft zu wunderschönen aber selten auch zu stressigen Morgen führt, da wir hier auf einer Gesamtfläche von ca. 17 qm eine Wohnessschlafküche eingerichtet haben. Wir haben ein kleines Schlafkabuff, wo mit Mühe und Not zwei Matratzen, mit einer echt stressigen Ritze inna Mitte, und ein kleines Regal reinpassen. In dem anderen Raum haben wir dann noch einen Herd, ein Essensregal, mit allerlei regionalen und importierten Köstlichkeiten, einen Schreibtisch, der vor allem Ablagefläche ist und auf jeden Fall nicht zum schreiben dient, sowie zwei Stuhlsessel mit einem kleinen(wirklich kleinen) Couchtisch an dem wir unsere candlelightdinner, unsere Früchtefrühstyx sowie jede freie Minute geniessen.
Als Nachbarn haben wir eine ugandische Familie, die ebenfalls in einer runden Hütte lebt die sich in drei Meter Luftlinie zu unserer befindet, was zu einem gewissen Verlust von Privatsphäre führt. In der nächsten Hütte, vier Hütten befinden sich hier im Halbkreis, wohnt ein französisches Pärchen, die sich schon seit vier Jahren sagen, na gut wir bleiben noch ein halbes Jahr, was aber eher an der unzuverlässigen und unregelmäßigen Finanzierung ihres Projektes liegt. In der vierten Hütte leben abwechseln unterschiedliche Freiwillige oder Besucher, als letztes eine nette Belgierin, die Feldforschung über Bananen in dieser Gegend betrieben hat.
Ja, duschen und aufs klo gehen macht man auch hier, so ahben wir ein „AussenhockplumpskloaufdasmansichaberauchsetzenkannmitHilfeeinesStuhlsindemsicheinLochbefindet“ sowie einem „AussenduschraumsofernmansichmiteinerSchüsselmitkaltemabermanchmalauchwarmenWasserübergiessen,duschgennennenkann“. Diese beiden Räumlichkeiten führen bei mir dazu, sehr auf den Wasserkonsum zu achten und meine Verdauung zu entschleunigen. Mit anderen Worten gehe ich nur ca. alle zwei Tage duschen und ka.... .
Von diesen Örtlichkeiten mach ich mich nun zu meiner Arbeit auf.

Mein Wunsch kreativ mit Jugendlichen zu arbeiten hat sich ersteinmal nicht erfüllt, da ich dummerweise gesagt habe, dass ich mich ein wenig mit Computern auskenne und wie der Zufall es will, haben einige Partnerschulen von Rukararwe gerade bis zu 30 Computer bekommen. So hab ich ersteinmal diese Schulen abgeklappert und gefragt, ob sie denn Lust auf meine Hilfe haben, auch mit der Hoffnung dann noch andere Tätigkeiten wie Theater oder kreatives Musizieren anzubieten. Von den vier Schulen zu denen ich Kontakt hatte, sind ersteinmal zwei auf mein Angebot eingegangen. Die dritte hat die Computer noch nicht angeschlossen und die vierte hatte wohl den Eindruck, ich möchte Geld als Bezahlung, na ja.
Aber da die Schüler selbst nach der Schule nicht wirklich viel Zeit für Aktivitäten haben, bin ich auch nicht sehr unglücklich darüber. Fast alle Schulen sind hier nämlich Internat, so dass die Kinder bzw. Jugendlichen hier bis teilweise um 19 Uhr Unterricht ahben, mit nur kleinen Pausen.
Desweiteren hatte ich noch ein Waisenheim besucht, da ich gute Erinnerungen an die Arbeit in Tres Soles/Bolivien hatte...und tatsächlich habe ich mich schon wieder frisch verliebt, in ca. 30 Kinder von 3-14 Jahren, die in Ruwantsetya, ca. 15 km von Rukararwe entfernt, getrennt durch die höchsten und steilsten Hügel die ich hier je gesehen habe. Nun arbeite ich dort einmal in der Woche, meist Donnerstags und habe Zeit für Aktivitäten, wie Seiltanzen, Stuhltanz, Jonglage, Musizieren und anderen edukativen Spielen. Meist bringe ich auch noch Kleinigkeiten wie Bälle oder anderes Spielzeug sowie Heilpflanzen oder Fruchtbäume aus Rukararwe mit. Ich habe nämlich noch nie so ein karges Waisenheim gesehen...kein Spielzeug, keine sanitären Anlagen, nicht viel Lernmaterial, fast kein Geschirr, zerschlissene Klamotten,etc. Ebend wie aus schlechten Filmen.
Das ganze Heim wird nämlich nur von einer Frau(einer großartigen) und ihren Plantagen finanziert, so dass es gerade für das Nötigste reicht. Sie ist auch mit der Lehrerin, die eigentlich alles in einem ist, Lehrerin, Erzieherin, Köchin,etc., das einzige Personal, welches sich um die Kinder kümmert.
Ausser gelegentlichen und unregelmäßegen Spenden haben sie also keine Finanzierung und wie ihr euch vorstellen könnt, macht der Staat hier natürlich nicht viel, da es einem Herrscher der seit mehr als 20 Jahren an der Macht ist „natürlich“ mehr an seiner eigenen Familie liegt, als an seinem Land.
Deswegen würde ich euch auch bitten, wenn ihr altes Spielzeug für Kinder in diesem Alter habt, oder alte Kuscheltiere, Klamotten, etc ., meldet euch bei mir, denn meine Eltern kommen im Dezember und haben ne Menge Platz für Gepäck. Datt wär echt super, weil „tränendrüse“,hier gibts gar nichts für die Kindas.
Nun fragt ihr euch sicherlich, wieso ich denn nur einmal in der Woche dort arbeite?
Berechtigte Frage und dafür gibt es mehrere Gründe. Der erste und vielleicht wichtigste ist, dass es mir noch nicht gelungen ist die lokale Sprache zu erlernen und ich auch berechtigte Zweifel habe, ob ich dass überhaupt schaffe, in dem halben Jahr in dem ich hier bin. Wegen diesem Mangel ist es mir leider nur möglich kleine Aktivitäten mit den Kindern durchzuführen, über die sie sich aber sehr freuen.
Der zweite und dritte Grund ist, dass dieses Projekt 2 Stunden anstrengende Fahrradtour, die Tour de France ist von den Steigungen her nichts dagegen, von meinem Wohnort entfernt ist ,und die Sicherheitslage in Ruwantsetya es für einen Weissen unmöglich macht, dort zu übernachten.
Hier wird weiß sein nämlich oft auch mit reich sein gleichgesetzt, was ja auch in der Mehrheit nicht unbedingt falsch ist, da die Leute hier einfach mal nichts haben und selbst nen Punk mit seinen 5 Euro pro Tag hier nen Bonze wäre, da der Wechselkurs so hoch zu unseren Gunsten liegt.
So verbringe ich auch am Donnerstag 4 Stunden damit Fahrrad zu fahren und 4-6 Stunden mit der Arbeit vor Ort. Ich habe trotzdem das Gefühl es lohnt sich für Ruwantsetya und mich.

Jetzt den ihr vielleicht, wieso denn Fahrrad, wo zum Teufel hat der Bengel denn nen Fahrrad her, der hatte doch selbst in Berlin immer selten eins. Ja so isses, ich hab mir eins gekauft, denn es wär für mich unmöglich gewesen, ständig die Transportkosten für einen BodaBoda auszugeben. BodaBodas sind Motorradtaxis, oft die einzige Möglichkeit, weit in der Pampa liegende Ziele zu erreichen. Obwohl dies unheimlich Spass macht, würde ich so auf Dauer viel zu viel Geld ausgeben, da die Benzinpreise hier enorm hoch sind und dieses Geld welches ich dann über habe, investier ich lieber in meine Arbeit hier vor Ort. Zum Beispiel in ein Fahrrad mit dem ich auch zu den Schulen fahre oder nach Bushenyi oder Ishaka, die naechsten Dörfer.
Natürlich hatte ich nicht die ausreichende Potte um in ein schrottiges Mountainbike zu investieren, so habe ich in mein Geld in ein schrottiges indisches Fahhrad gesteckt. Man muss sich vorstellen, dass hier eigentlich alle Leute mit denselben Fahrrädern rumfahren. Ich muss euch mal ein Foto schicken, aber ihr kennt diese Fahrräder sicher von Fotos aus Indien, 28er Herrenräder, der Lenker gebogen zum Körper, so dass man immer gerade sitzt, in schwarzer Farbe aus einem weissen Streifen am hinteren Schutzblech, keine Gangschaltung,natürlich, Bremsen die einfach nur Metallstangen sind die vom Lenker abgehen. Der Rahmen gefertigt aus schwerstem Stahl, alle anderen Teile gefertigt aus billigstem Blech, so dass man jede Woche einmal Hand anlegen muss an diesem „Fahrrad“ oder in eine dieser unzähligen Werkstätten geht, die auch alle nur Ersatzteile von diesem Fahrrad, dafür aber in Massen, vorrätig haben. Mit diesem Fahrrad erklimme ich nun Berge vor denen ich sogar mit 24GangMountainbike Angst hätte und fahre diese auch runter, wobei ich jedesmal fürchte die Bremsen könnten versagen oder schlichtweg abbrechen. Aber wie gesagt es lohnt sich.

Nun ist es hier so, dass einem als Mosungo(Weisser) schon im Dorf, also Bushenyi oder Ishaka, schon von jeder zweiten Person „Mosungo“ hinterhergeschrien wird, was am Anfang ziemlich genervt hat man sich aber mittlerweile schon daran gewöhnt hat, auch auf Grund dessen, dass ich jetzt immer „Omira Guju“ zurückrufe, was soviel heisst wie „dark man“ oder „African“.
Dadurch bringe ich die Leute immerhin zum lachen und sie merken auch gleich, dass ich ein paar Brocken ihrer Sprache spreche.
Nun stellt euch weiter vor, Bushenyi ist immerhin ein Dorf mit ca. 200 Einwohnern und Ishaka mit bestimmt 1000. Auf dem Weg zu Waisenheim oder auch zur Schule komme ich durch Siedlungen mit vielleicht 2-10 Familien, werde ich also angeschaut wie ein Ausserirdischer. Es gibt niemanden der mich nicht mindestens 20 Sekunden anstarrt. Im Waisenheim haben mich die Kinder beim ersten und zweiten Mal immer betatscht, weil sie wissen wollten wie sich weiße Haut anfühlt, wie sich diese komischen Haare anfühlen, wie sich so ein Bart anfühlt.

...und dann noch ein Mosungo auf einem lokalen Fahrrad, wo diese doch sonst nur in dicken Jeeps sitzen, ihr könnt euch vorstellen, ich bin hier die Attraktion wenn ich durch die Siedlungen schipper. Aber gerade deswegen, fängt für mich die Sozialarbeit schon an sobald ich auf dem Fahrrad sitze, da ich jeden der mich anstarrt, nett in der eineimischen Sprache Grüße, jedem probiere ein Lächeln zu schenken und den eine oder anderen Smalltalk führe. Ich glaube dass es wichtig ist den Leuten hier zu zeigen, dass es nicht nur reiche weisse Touris gibst die hier ihre Safaris machen sondern das es in Europa auch Leute gibt wie euch und mich, die nicht im Geld schwimmen und für die es nicht wichtig ist 3 Autos zu besitzen oder die geilsten Klamotten zu haben.

Natürlich muss man dazu sagen, dass diese Mosungobesonderheit gerade in den Dörfern und Kleinstädten so krass ist, aber in Kampala z.B. starrt ein niemand komisch an, weil am weiß ist( rufen einem nur Rasta hinterher, wenn man digge Dreads hat – das is aba nice wegen der verbreiteten Reggaemucke und Rastaculture). Dort sprechen auch alle Englisch, neben iher Muttersprache und alles ist viel offener und multikultureller, aber das ist bei uns ja ähnlich im Vergleich zwischen Stadt und Dorf...und hier gucken ein die Leute eben mit einer gewissen Neugierde hinterher, aber nicht mit Hass, was einem Farbigen in Deutschland uffm Dorf mal schnell passieren kann.

So arbeite ich nun einmal die Woche im Waisenheim und zwei- bis drei Mal helfe ich an Schulen beim Computerunterricht, wobei ich an der einen Schule eine Nacht schlafen werde, da diese auch ca. 2 Stunden von Rukararwe entfernt liegt.
Desweiteren hat Rukararwe noch Geld für Schulcamps bekommen, bei denen ich wohl reichlich mithelfen werde, da die Franzosen, die dieses Camps sonst gemacht haben, sehr beschäftigt sind und deswegen nicht soviel Zeit investieren können, wie die Jahre zuvor. Diese werden wohl aber erst nächstes Jahr statt finden, da die die Schüler sich gerade für ihre Examen vorbereiten.

Jedoch füllt mich dies alles noch nicht so sehr aus, da ich eigentlich nicht unbedingt hergekommen bin um hier Computerunterricht zu geben und es dafür auch zuständige Lehrer gibt. Diesen bin ich sicherlich eine Hilfe und will dies auch weiter sein , da ich schon den Sinn sehe ihnen in manchen Sachen zu helfen und ihnen einige Programme zu organisieren, sowie sie darin einzuführen. Doch brauche ich dafür nicht soviel Zeit, wenn es mir gelingt die Effektivität zu steigern.
Das waren die Überlegungen, die mich und Pia(bei ihr waren es sicherlich andere) dazu brachten, darüber nachzudenken auch noch etwas eigenes hier aufzubauen, was vielleicht noch länger Bestand haben könnte.

So kamen wir auf die Idee in Ishaka eine Art Kulturzentrum aufzubauen. Diese Überlegungen stecken gerade noch in Kinderschuhen, jedoch fangen wir nun eifrig an die Konditionen zu checken. Unsere Idee dabei ist einen Laden in Ishaka zu mieten und dann gegen eine monatliche Gebühr gewisse Dienstleistungen anzubieten.
Dazu gehören eine Biblothek, eine Videothek, ein Computerzentrum als Hauptbestandteile, sowie wechselnde Kurse, wie z.B. Theater-, Musik-,Computer- und Umweltkurse.
Computer und Fernseher plus DVD-Player könnten wir von Rukararwe benutzen, jedoch bräuchten wir eine Menge Bücher(in Englisch), sowie leere DVD’s oder Cd‘s, auf die wir die Filme bzw. Programme brennen könnten. Desweiteren bräuchten wir die Ladenmiete+Stromkosten, sowie evtl. Kosten für Internet für ca. ein halbes Jahr, sowie etwas Geld für Werbung und kleinere Anschaffungen. Da Ladenmiete und Strom dank der des hohen Eurokurses, nicht so sehr teuer sind belaufen sich unsere ersten Hochrechnungen auf ca. 600 Euro.
Der Gedanke dabei ist, das jeder Laden und jede Idee eine gewisse Zeit zum Anlauf braucht und für diese Zeit, braucht man gewisse finanzielle Sicherheit. Nach diesem halben Jahr oder wenn alles gut läuft natürlich schon davor, soll sich der Laden selber tragen und bestenfalls noch eine Person aus Ishaka anstellen.
Was versprechen wir uns von diesem Projekt: erstmal, viel natürlich.

Wir wollen für wenig Geld viel Bildung anbieten, d.h. die Möglichkeit sich für wenig Geld: Bücher auszuleihen, sich interessante und bildungsreiche Videos auszuleihen(nicht nur Actionvideos), Comp
Ein Anlaufpunkt für Menschen zu sein, wo sie gemeinsam lernen, gemeinsam Filme gucken, gemeinsam Spaß haben können.

Ein weiterer Anlaufpunkt der NGO Rukararwe zu sein, wo die Leute alternative Medizin und Kunsthandwerk der Frauengruppe kaufen können oder an Workshops teilnehmen können.
uterkurse zu belegen, sowie Computerservice in Anspruch zu nehmen(CD’s brennen, Bewerbungen schreiben, Programme nutzen,etc.).


All diese Sachen gibt es nämlich in unserer Umgebung noch nicht und wir denken, dass 600 Euro der Versuch wert ist, die Sache zu probieren, da man damit vielen Leuten das Leben erleichtern könnte, man ein Treffpunkt sein könnte und für viele Sachen mehr. Wenn man dann noch einen interessanten Arbeitsplatz schaffen könnte, wäre das natürlich das Sahnehäubchen. Wenn nicht wird es wahrscheinlich auch erstmal Freiwillige von Pias Organisation geben, die den Laden weiterführen könnten. Da wir alleine aber nicht in der Lage sind soviel Geld aufzutreiben, sind wir auf eure Mithilfe angewiesen. Das heisst mit nem 10er am Monatsanfang, oder wer mehr hat natürlich auch mehr, interessanten und guten Büchern oder DVD’s die keine Verwendung mehr finden, nem alten Brenner, etc., wäre uns schon sehr geholfen. Wir hauen unseren Teil natürlich auch drauf.

Der Brief ist natürlich nicht in erster Linie gedacht euch anzuschlauchen, sondern dafür euch interessante Sachen aus meinem Leben hier und der Arbeit mitzuteilen und ich hoffe, dass habe ich auch geschafft. Nur ist es leider so dass man ohne Geld hier nicht viel reissen kann, mit ein bissl aber Häuser versetzen kann.(hier könnte man wirklich Häuser versetzen mit nem bissl GeldJ).
Pia hat es zum Beispiel geschafft hier eine Schneiderschule mit ca. 500 Euro zu etablieren.
In diesem Sinne wäre es toll wenn ihr euch von dem einem oder anderem Penny trennen könntet um ihn für das Waisenhaus oder Kulturzentrum zu spenden. Ihr könnt das Geld gerne auf mein Konto überweisen und als Verwendungszweck „Waisenhaus“ oder „Kulturzentrum“ angeben und ich verbürge mich mit meinem Namen dafür, dass es ankommt: dallmayr prodomo...neee icke, André die Ugandaknolle natürlich. – achso ich werd natürlich nicht meine Kontoadresse auf nem öffentlich Blog angeben, also schreibt mir doch bitte, und ich teil sie euch per mail mit.
Für Sachspenden könnta mir ja mal ne Mail schreiben, wassa so auf Lager habt und ich könnte dann den Kontakt zu meinem Bruder oder meinen Eltern herstellen, die im Dezember herkommen und noch ne Menge Freikilos haben.

Ansonsten freue ich mich natürlich auch über geistige Unterstützung, Ideen, etc.....und natürlich überhaupt Mails von euch...denn dit is imma soon stück heimat....also nice highmat....wenna mich versteht.....oda Post is auch richtig supa:

Also freu mich über Neuigkeiten von euch...und probier in naechsta Zeit auch mal regelmäßiga und weniga zu schreiben...doch is dat hier mit dem internet nich imma so easy

Grüße, vermiss euch
Knutscha und Umarmungen...lieb euch doch schliesslich alle




1… oder yumindest abspielen sollte, da im Norden Ugandas die letyte Regenzeit komplett ausgeblieben ist, was natrlich fatale Folgen hat(te) welche an die Schreckensbilder aus dem Fernsehen erinnert.

2 Kuehe und Yiegen werden hier von vielen Leuten als Versicherung fuer schlechte Zeiten gehalten, da man durch den Verkauf eines Tieres eine oekonomisch schlechte Zeit ueberbruecken kann.

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